· 

24h Resilienz-Training a la Bonheur

R-e-s-i-l-i-e-n-z: 

Substantiv, feminin [die]

psychische Widerstandskraft; Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen

 

Mit der Pandemie hat in der Business-Welt ein neues Modewort Einzug gehalten: Resilienz. Nix geht mehr über Resilienz bei Bewerbungsgesprächen, und ohne Resilienz geht auch im Business-Alltag schon fast gar nix mehr. Zu volatil sind die Herausforderungen, die nur noch von stärksten Heldinnen und Helden gemeistert werden können - so scheint es. 

 

Die 24 Stunden auf und nach dem Gletscher -Abenteuer dürften das Herz aller HR-Manager höher schlagen lassen, selbst wenn man sie naturgetreu erzählt und kein bisschen flunkert: 

es begann mit einer tollen Anfahrt in Richtung des Svartisen Gletschers. Dramatisch wunderschöne Natur und Umgebung. Und dann steht da: „Road-Nutzung auf eigene Gefahr“. Na klar, was soll`s, wir sitzen doch in einem Unkaputtbar-Mobil, denke ich. Dann kommt ein Tunnel. Mit Stop-Handsignal in rot vor dem Eingang, aber wieder der Ermunterung, dass man den doch auf eigene Gefahr durchqueren kann. Wow, endlich können wir mal unsere Strahler-80ig anschmeissen - die Dinger vorn und hinten am Overlander die das Ding so cool ausschauen lassen und wo man sich bis jetzt heimlich fragte, wann man die wohl mal brauchen würde. Jetzt.

 

Auf geht`s, hinein in die Dunkelheit- denn beleuchtet ist hier gar nix, und der Bodenbelag rappelt ordentlich. Ich bin solange cool, wie ich hinter mir den Tunneleingang sehen kann. Also nicht lange. Als wir dann mitten drin sind, nach hinten keine Sicht mehr, nach vorn aber auch kein Licht am Ende des Tunnels sichtbar ist, ist es schlagartig aus mit meiner Contenance. In gepflegtem Panik-Modus macheMache ich Ute klar, dass ich keinen Meter mehr vorwärts will und wir doch besser umkehren sollten. Nicht gerade die smarteste Idee in einem Tunnel. doch während wir so rumstreiten, ob das jetzt eine schwachsinnige Idee ist oder nicht kommen von hinten 2 Lichter näher und ein Auto hält hinter uns. Es stellt sich heraus: es ist ein Manager der Tunnelgesellschaft. Er muss heftig grinsen, als ich von der Umkehridee erzähle und ermutigt mich darin, natürlich weiter durch zu fahren. Es beruhigt mich auch enorm, dass er bekräftigt, dass der Tunnel erst im Winter saniert wurde und sie halt mit Licht und Bodenbelag noch nicht fertig wurden.

Wir haben es so lustig miteinander, dass er uns noch den Weg zum Gletscher-Gipfel-Parkplatz zeigt und uns ermuntert, dort zu übernachten. Frohgemut fahren wir also weiter und lassen uns auch nicht aus der Ruhe bringen, als die Tür unseres überfrachteten Kühlschranks mal kurz aufspringt und ein wenig des Inhalts in die Wohnkabine entlässt.

 

Angekommen am Gipfel erwartet uns eine unfassbare und traumhafte Aussicht. Schneefelder um uns herum, in denen Oscar voller Freude rumtollt und ein Bergsee, in dem sich Schutzhütte und Felsen in höchster Romantik spiegeln. Wir holen unsere Camping-Stühle heraus und öffnen erstmal was zu trinken, wie das Camper halt so machen. Der ein oder andere Wanderer ist auch da und insgesamt 3 Übernachtungsparteien. Wir genießen die Szenerie bis tief in den Abend hinein und wollen eigentlich die Champagnerflasche trinken, die wir nun seit 6 Wochen im Kühlschrank gelagert haben, auf den passenden, absolut romantischen und perfekten Moment hinfrierend. Der kommt dann allerdings doch nicht, weil wir nicht allein an unserem Grill sitzen sondern ein ebenfalls übernachtendes Pärchen und ausdauernd Gesellschaft leistet.

 

So schlafen wir ein - ich zuerst, weil sehr müde. Ute kommt gg. 1.30 hoch in die Schlafkoje, als plötzlich sehr starker Wind aufkommt. So ein Mist. Es rüttelt und schüttelt, und der Luftballon-Trick funktioniert auch nicht mehr (man steckt einen aufgeblasenen Luftballon zwischen Zeltstoff und Moskitonetzstoff, dann schlagen die Stoffe nicht so gegeneinander).

 

Wir beschließen, dass Dach zu schließen und wollen unten schlafen. Unvorbereitet ist das ein ziemlich mühsames Unterfangen. Die Brettln hinzulegen und die Matratze in den geschaffenen Raum zu quetschen. Und Oscar macht es uns nicht leichter, weil er plötzlich was zum Beißen im Maul hat, was wir überhaupt nicht wollen dass er beißt, und er es aber partout nicht hergeben will…was dazu führt, dass er mich heftig anknurrt und sogar nach uns schnappt. Er ist schon seit einiger Zeit im Teenager-Modus und beginnt, Eroberungen knurrend zu verteidigen. Das rüttelt ungefähr genauso an unseren Nerven wie der Wind an unserem Auto.

 

Nach wenigen Minuten, es ist fast 2 Uhr früh, beschließen wir, vom Berg runter zu fahren und weiter unten im Tal Schutz zu suchen. Ute fährt. Und spricht kein Wort. Als wir in der Mitte des Weges halten und ich nach einem kurzen Kommentar ihrerseits selbst sehen kann, dass unsere Bremsbeläge oder Scheiben oder irgendwas da unten an den Rädern ziemlich dampft, wird mir ganz anders. Da hab ich jetzt grad so cool die Tunnelrückdurchfahrt überstanden und dann das. 

 

Doch wenigstens haben wir einen gut geschützten Platz gefunden und schlafen dort. Solange - bzw. kurz - bis Oscar erstmal Pippi und Gross muss (kleine Runde in heftigem Regen), und wieder zurück im Auto und Schlafsack er nach ca 20 Minuten uns auf die Polster speibt. .. Na Servus und danke, und auch noch in die Ritzen zwischen zwei Polster…Wir warten im Folgenden den starken Regen ab und setzen drauf, dass es Oscar auch wieder besser gehen wird. Am Vormittag beraten wir uns dann mit Julian, unserem Autobauer und wissen nun, wie wir geordnet und problemlos weiterfahren können. So eine Automatik will halt auch erst einmal richtig kennengelernt sein.

 

Wieder optimistisch fahren wir weiter in Richtung der „7 Schwestern“, einer Bergkette auf einer kleinen Insel. Um dort hin zu gelangen müssen wir zwischendurch 3x eine Fähre nehmen. Die erste klappt ganz gut, nur ca. 20 min Wartezeit. Wir brettern durch zur 2. Fähre. Ups, da ist die Schlange schon beachtlich, aber wir bleiben optimistisch. Leider vergebens. Die Fähre fährt. Wir nicht. Denn wir wurden nicht mehr mitgenommen. Immerhin dürfen wir nun für die nächste Fähre, die 2 Stunden später ablegen wird, von Warteschlange 4 auf Warteschlange 1 umparken, sind also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei der nächsten Fahrt dabei. 

Die Wartezeit gestaltet sich kurzweiliger als gedacht - was im Wesentlichen daran liegt, dass die Rhein-Ruhrpott-Kombi Jost und Michelle auch auftauchen und die Fähre nehmen wollen.

 

Gegen 18 Uhr verlassen wir das Schiff, wissend, dass wir die 3. Fähre um 18.45 nicht erreichen werden. Macht aber ja nix, denken wir, es gehen um 20.40 und 21.40 noch welche und dunkel wird es eh nicht, der Tag ist also noch lang.

 

Zwischenzeitlich haben wir uns von Jost und Michelle und ihrer zuckersüßen Hundedame Nele gestenreich verabschiedet, da sie einen anderen Weg nehmen und wir gehen davon aus, die beiden nicht mehr zu treffen.

 

Dass wir einen langen Tag brauchen würden, wissen wir da noch nicht - wir fahren also zu Fähre 3, stehen dort an, haben wieder kurzweilige Gespräche…und 10 Min vor der geplanten Abfahrtszeit, nach rd. 100 Minuten Wartezeit kommt ein Matrose auf uns zu und erklärt uns, dass das Schiff nicht fahren wird. Weil kaputt. Ursache unklar. Dauer der Besorgung einer Ersatzfähre völlig unklar. Wir sollen bitte via Mo i Rana eine zweieinhalbstündige Alternativroute per Auto nehmen um zu den 7 Schwestern zu kommen.

Wir drehen also um und machen uns auf den Weg. Da dies der Weg ist, den J&M nahmen, fragen wir ihren Standort ab-  ein Stellplatz im Grünen neben einem Industriegebiet in Mo i Rana… da wird klar: da fahren wir jetzt hin und jetzt ist die Zeit gekommen, den Schampus zu köpfen. Nicht zu zweit, weil Romantik. Sondern als Ode an unsere Resilienz. Und geteilt mit den Beiden schmeckt er nochmal doppelt so gut.

 

Wir sinken angedudelt gegen 1 Uhr früh in die Kissen - und wissen: Resilienz - dat könn`ma!!

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0