Das Kapitel über unsere Ankunft in Gotland wurde etwas zu früh verfasst am Ankunftstag – dabei heißt es doch zurecht, „Du sollst den Tag nicht vor dem Abend loben“. Aber: hätte ich das beherzigt, hätten wir uns sicher nicht so über den Tag und das erste Grillerlebnis gefreut. Nachdem wir mehrere Stunden im Camper verbracht hatten, bei Wein und Blog-Schreiberei, macht es plötzlich „tropf, tropf“ von oben. „Die Dachluke noch immer undicht“, denken wir, denn dort tropft es raus. „Dach schräg stellen, dann läuft es nicht rein“, denken wir, und, gesagt, getan, bricht kurze Zeit die Hölle, bzw. das Regenwasser über uns herein. Offensichtlich war die Dachluke nicht wirklich die Eintrittsstelle, sondern halt eine der (zahlreichen) Austrittsstellen. Ab dem Moment des Schrägstellens bilden sich stete Wasserstraßen, wo jede Sekunde ein Tropfen ins Innere des Campers fließt. Damit ist die Tagesidylle dahin. Needless to say, dass wir zwei Widder-Geborene natürlich am Auszucken sind und gefühlt ich den neuen Camper dem Autobauer am allerliebsten gern direkt vor die Füße schmeißen möchte. Ein wasserdichtes Dach stellt schließlich sowas wie ein Camper – Essential in Skandinavien dar.
Noch während der feuchten Nacht versuchen wir, uns früher mit Utes Schuldfreundin und Ihrem Mann, die teils auf Gotland leben, zu treffen. Die Beiden sind im schwedischen Universitäts- und Forschungsbereich tätig, und so kommt es - nicht unerwartet – zu 3 sehr inspirierenden und erkenntnisreichen Tagen mit den Beiden.
Zunächst: die beiden nehmen das Leben wie es ist. Akzeptieren des Seienden ist die Maxime von Wolfgang. Autobatterie leer? - so what. Davon können wir uns eine dicke Scheibe abschneiden, denn unsere Gesprächsinhalte sind oft gefüllt mit Gedanken, wie etwas doch bitte besser organisiert sein sollte. Dies führt jedoch bei uns eher zu dem Gefühl von „etwas fehlt“, und lenkt den Fokus von dem weg, was ist.
In den folgenden beiden Tagen zeigen Ellenor und Wolfgang uns ihre Lieblingsplätze auf Gotland und schnell versteht man, warum die beiden die Insel so lieben. Die Natur ist prächtig, alles blüht, und doch gibt es so viele Momente, an denen man allein an einem Strand ist (ok, ab der schwedischen Hochsaison ab Midsommer wird das etwas anders sein).
Oscar genießt das Bad im Meer, und auch das erfrischende, offenbar nur leicht gesalzene Wasser – er trinkt und trinkt und trinkt. Und es ist natürlich total ökonomisch, einfach durchs Wasser zu waten und das Maul offen stehen zu lassen, so dass das Wasser von selbst in den Körper fließt 😊.
Wir fuhren Fahrrad, genossen die Gespräche, wateten am Wasser entlang, und aßen wunderbare Fischreiche Mahlzeiten. Herz, was willst Du mehr?
Wäre da nicht die „kleine“ Sache mit dem undichten Dach. Zelt und auch Dach selbst. Wir beschließen, die Reise zu unterbrechen und nach Deutschland zum Autobauer zurückzukehren – da es ein neuer Wagen ist wollen wir nicht das Risiko eingehen, irgendwelche provisorische Reparaturen von jemand anderem durchführen zu lassen, um nicht möglicherweise einen Streitfall mit dem Autobauer zu produzieren. So kommt es, dass wir unsere gebuchte Fähre in den Norden Richtung Stockholm nehmen, nur um dann von dort aus wieder rd. 700 km in den Süden nach Trelleborg zu fahren, um von dort die Fähre nach Rostock zu nehmen. Es hilft enorm, vorher mit Wolfgang über die Unvollkommenheit des Lebens gesprochen zu haben und damit zumindest zu versuchen, auch diese Herausforderung als Lernaufgabe zu betrachten.
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