Bye bye Brügge, schön war's mit Dir...
Nach zwei Tagen in Brügge wird es Zeit, Abschied zu nehmen. Und für einen ersten kleinen Blick auf Land und Leute. Beides, Land wie auch Leute bringen uns auf sehr positive Art und Weise zum Staunen und Lächeln. Denn wenn man aus dem süddeutschen Raum kommt (ich) ode Wien (die andere Sutzinautin) kommt, ist die Offenheit der Flamen ggü. Ihren Mitmenschen so wohltuend zu erleben, so dass man am liebsten diese Stimmung in ein Fläschchen stecken und mit nach Hause nehmen würde. Überhaupt, wir sind nun seit rd 72 Stunden im Land aber wir haben noch keinen einzigen Streit erlebt, kein Autogehupe, kein Stress zw. Radlern und Autofahrern - und da gäbe es eigentlich eine Menge Potenzial. Stattdessen spüren wir eine Lebenslust und -freude, eine Aufgeschlossenheit und dazu eine gefühlte Persönlichkeit im Umgang miteinander - selbst mit Fremden. Es ist alles gefühlt weniger hektisch. Alles natürlich auch überschaubarer, da Brügge zur Millionenstadt halt eine Null in der Zahl fehlt. Dafür aber überbordet vor Strassencafes wie auch unzähligen Sitz-, Aufenthalts-, und Entspannungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum. Wir werden Brügge zukünftig sicher im Auge haben, wenn wir mal wieder einen Städetrip planen.
Wir radeln aber erst mal weiter durch die Stadt...an gefühlten 1000 Pralinengeschäften vorbei (in Wahrheit sind es 52), lassen uns durchrütteln vom Kopfsteinpflaster und stoppen alle 25 sek. Um mal wieder eines der unzähligen Fotomotive aufzunehmen.
Radlimpressionen
Kein Wunder, dass Brügge bei Touristen von nah und fern so beliebt ist: die ganze Stadt gleicht einem einzigen historischen Outdoor Museum: die Entstehung mal ausser acht gelassen, war Brügge DAS Handelszentrum im frühen Mittelalter. Und internationaler, als so manche Weltstadt heute. Denn Spanier, Italiener, Deutsche und und und hatten hier ihre Handelshäuser, und Geschäfte wurden an jeder Ecke rund um den damaligen Hafen im Zentrum der Stadt gemacht. Nur logisch, dass in Brügge die erste Börse der Welt entstand - und das kam so: die Kaufleute schliefen in Brügge, an- und verkauften Ware, aber irgendwann mussten auch diese Jungs mal zurück in ihre Heimatstädte um ihre Waren weiter zu veräussern. Und was man bis dato noch nicht verkauft hatte, musste entweder gelagert oder eben zum besten Preis dringend verkauft werden. Und schwupps, war die Börse geboren...
Beginenhof
Noch heute stehen so viele Häuser in der Stadt, alle mit einer so speziellen Geschichte, dass wir unserem Guide Anne stundenlang hätten zuhören können. So zeigte sie uns z.B. Die Beginenhöfe. Hier schlossen sich die Frauen, deren Männer auf Kreuzfahrt waren zusammen, um besser geschützt zu sein. Da ging es natürlich ganz brav zu, damals und auch heute noch, denn hier leben jetzt Benediktinerinnen sowie einige Einheimische Frauen aus Brügge und ab 18 Uhr wird der Zugang geschlossen.
Sozialhöfe
Ebenso verblüffend wie wunderschön sind die Sozialhöfe. Auch die entstanden im Mittelalter und waren eine Art von ganz frühem Sozialwohnungsbau. Wobei damals die Reichen im Gegenzug für die
Bereitstellung von Wohnraum eben erwarteten, dass die Begünstigten für sie beteten ;-). So ein bisschen Ablass konnte ja nicht schaden. Auch heute noch sind diese Höfe eine Oase der Ruhe.
A propos: Annes "Insidertipp" für Ruhesuchende ist der Garten des Gezellenmuseum. Selbst bei Mio. Von Touristen in der Stadt verirrt sich kaum einer dorthin.
Belfried - Mama, das hab ich für Dich getan!
Nun, jede Reise hat ja auch etwas sehr persönliches. Hier also mein Geschenk an meine Mama: denn selbst wenn sie noch so fit wäre, eine Reise nach Brügge zu unternehmen (was ich wirklich
wärmstens empfehle), so ist doch das Erklimmen des Belfried eine Geschichte für sich: insgesamt 366 Stufen (dabei macht man gerade mal 83 Höhenmeter) einer nach oben hin sich bedenklich
verengenden Wendeltreppe-ähnlichen Stiege sind zu erklimmen, bevor man den 360 Grad Blick um Brügge geniessen darf. Zum Glück hatten wir, oben angekommen, noch ein wenig Sonne, so dass Mama und
alle Interessierten sich jetzt auch ein paar Fotos davon ansehen können.
In dem Turm sind 47 Glocken aufgehängt, und eine riesige, beeindruckende Steuerung sorgt für die richtigen Töne und verschiedene Melodien. Für aktuelle sowie Glockenspielfans in Spe haben wir
daher einfach mal die Erklärungstafeln abfotografiert und hier gepostet.
Die Werke der "alten Primitiven" und auch jüngere Genies
Was man auch sucht, das Groningen Museum zeigt sie alle. Wir bestaunen kurz einen Margritte und einen Rubens. Aber heute sind wir hier, um uns davon zu überzeugen, ob uns Anne nicht zu viel
versprochen hat, als sie von der aussergewöhnlichen Detaildarstellung und gefühlten Anfassbarkeit der Werke der "alten Primitiven" sprach.
Nun, was soll man sagen: sie hatte recht ;-). Der gemalte Schmuck sieht so real aus wie der meine in meiner Schmuckschatulle. Und die seidene Robe des edlen Mannes auf dem Bild erscheint
streichelweich.
Für all die, die sich übrigens fragen, warum nicht so viel mehr Jan van Eyck auf dem Markt sind: der Gute Mann malte rd. 5 Jahre! an einem einzigen Bild...
In Gent wird derzeit eines seiner Werke restauriert und man kann diesem Restaurationsvorgang angeblich beiwohnen. Wir werden den alten ganz-und-gar-nicht Primitiven also auf den Fersen bleiben!
...wissen wir jetzt von Anne. Es war nämlich so, dass die Händler vor der schon erwähnten Börse auf ihren Holzbänken sassen und "rumgeschäftelten". Und wenn einer von denen nicht mehr vertrauenswürdig war und nicht zahlen konnte, dann sägte man dem die Bank durch, damit die anderen wussten, was das für einer ist... "bank" "rupt"! Alles klar? Nachdem heute nicht der 1. April ist und Anne dabei ganz ernst blieb, nehmen wir an, das stimmt tatsächlich. Oder was meint ihr?
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